"Parking Check!" befehle ich meinem Copiloten, schalte die Triebwerke aus (oder zumindest eines, das andere ist schon kaputt), und schaue noch einmal etwas wehmütig zur schwarzen Gang Bar, beschriftet mit "MASTER SWITCH", die Schalter für beide Generatoren und die Batterie abdeckt.
Dann drücke ich drauf, es macht "klack", die Master Caution und Master Warning blinken noch zwei, drei Mal zum Abschied, dann wird es dunkel im Simulatorcockpit.
"Tiptop, sauber gemacht! Ihr habt beide den Mastery Test bestanden!" klingt es von hinten. Ich atme durch, was für ein Flug!
Doch alles der Reihe nach. Nachdem ich Ende Oktober alle ATPL-Prüfungen bestanden hatte (Gott sei Dank, ich konnte das ewige Klicken nicht mehr sehen...), begann für uns gleich im Anschluss die letzte Phase unserer Grundausbildung, das "MCC" (Multi Crew Concept). Im Grunde genommen sind das 15 Flüge als Pilot Flying und 15 Flüge als Pilot Non Flying, insgesamt 48 Simulatorstunden in einer relativ altertümlichen B200, jeweils mit zwei Flugschülern im Cockpit. Etwas gewöhnungsbedürftig fand ich den Flieger ja schon, nachdem wir auf der DA42 ein doch sehr modernes Fluggerät hatten. Zum Vergleich:
Nichtsdestotrotz habe ich mit der Zeit grosse Freude an dem Flieger gefunden. Viele Procedures sind schon denen des A320 angepasst, dies macht einige Dinge zwar etwas umständlich oder merkwürdig, dennoch war es toll, zu wissen, dass man schon gut gerüstet ist für die Zukunft.
So haben wir also noch einmal Fliegen gelernt, dieses Mal zu zweit. Es war sehr spannend zu sehen, wie viel besser man zu zweit arbeitet, als alleine, und wieviel Enfühlsamkeit es manchmal braucht, um zu wissen, wann man den fliegenden Kollegen auf dem anderen Sitz nun stören, informieren, tadeln, warnen, anweisen oder anspornen soll. Es ist nämlich nicht immer angebracht, alles zu sagen, was einem bezüglich der Flugoperation in den Sinn kommt. So haben wir innerhalb unserer Procedures teilweise einen breiten Spielraum an Handelsmöglichkeiten, was unweigerlich dazu führt, dass der Kollege ab und zu etwas ein wenig anders macht, als man selber würde. Da ist dann ein gewisses Mass an Toleranz und Akzeptanz angebracht, man muss sich also ab und zu sprichwörtlich aufs Maul setzen, um den Kollegen nicht zu bevormunden.
Nun haben wir heute unseren letzten Flug absolviert, nachdem wir neun Flüge unter "normalen" Bedingungen geflogen sind und fünf weitere mit allen möglichen Problemen, von Engine Fire/Failure, Kabinendruckverlust etc. bis hin zu Pilot's incapacitation. Doch der heutige Flug hatte es richtig in sich.
Das Programm:
- Engine Failure am Start in Zürich, mit Quick-Return zur ILS Runway 16
- Danach wieder Departure, nach Grenchen (40 Meilen vom Start bis zum Anfang des Anflugs... also ein sehr kurzes Leg, unser Flieger legt diese Distanz im Cruise in 11 Minuten zurück)
- In Grenchen Go Around mit anschliessender SID (Standard Instrument Departure - ein vordefiniertes Abflugverfahren) nach Bern (etwa 6 Minuten entfernt...), und natürlich:
- Engine Fire in besagtem Abflugverfahren.
Speziell der letzte Abschnitt war äusserst anspruchsvoll, da es auch auf diesem kurzen Leg sehr viel zu tun gibt:
- Fliegen/Navigieren (geht manchmal vergessen, kein Witz!)
- Funken, Mayday deklarieren
- Wetterinfos abhören
- Checkliste (vier Mal + eine Emergency Checklist)
- Feuer löschen
- Anflug briefen
- Den Operator über unsere Situation informieren
- Die Kabine über die Situation informieren
- Anfliegen
- Landen
Als sich dann das Feuer noch als unlöschbar erwies, war der Adrenalinpegel bei mir dann doch definitiv am Anschlag. Also rein ins Holding, eine halbe Runde fliegen und dann in den Approach, der in Bern natürlich steiler ist als an anderen Orten (4°-Gleitweg, Standard ist 3°... klingt nach wenig, macht aber schon einen deutlich merkbaren Unterschied!)... Kurz danach sind wir am "Boden" (eine graue Fläche auf weissem Grund, umgeben von Lichtern, die so also einen Runway bilden... ja, unser Simulator läuft noch mit Windows 98, kein Witz!). Das Triebwerk brennt immer noch, mein Captain beauftragt mich mit der "On Ground Emergency Checklist".
Schnell werden die Triebwerke ausgeschaltet, der Kabinendruck abgelassen und die ATC informiert.
"Evacuation required, confirm?" frage ich meinen Kollegen. "Emergency, open seat belt evacuate!" sagt er laut und bestimmt über das simulierte Public Adress System. Wir öffnen unsere Gurte, und das wars!
Es war eine wirklich spannende letzte Phase. Ich habe enorm viel gelernt, nicht nur fliegerisch, sondern auch zwischenmenschlich. Herzlichen Dank an meine drei Mitschüler, die mich im Cockpit täglich an meine Fehler und Unterlassungen erinnert haben! ;)
Jetzt beginnt für mich das lange Warten. Am 8. Januar bekomme ich meine Abschlussqualifikation, und am 13. Januar erfahre ich, ob ich bei der Swiss angestellt werde. Und danach wiederum muss ich bis voraussichtlich am 7. Juli warten, bis das Type Rating beginnt... Eine unglaublich interessante, spannende, lehrreiche und fordernde Zeit geht vorerst zu Ende.
Die nächste ist wohl nur eine Frage der Zeit!
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