Dienstag, 3. März 2015

Beflügelt

Gerade eben habe ich einen meiner Posts von vor zwei Jahren gelesen und ich musste ordentlich schmunzeln! So vieles hat sich doch seit dann geändert! Aus Grenchen wurde Genf, aus 135PS der DA40 wurden 2x 12'000kg Schub (kann man leider nicht wirklich in PS ausdrücken), aus 1280kg wurden 83'000kg maximales Abfluggewicht, aus der DA40 wurde A319,320,321.

Doch alles der Reihe nach! Nachdem ich im November mein Landetraining absolviert habe, durfte ich am 2.12. meinen ersten Flug auf der Strecke fliegen. Mann, war das spannend. Es war für mich wirklich wie ein Tor zu einer neuen Welt. Ich werde von meinem Fluglehrer und einem Ausbildungscopi überaus freundlich zum Briefing begrüsst, mir wird alles gezeigt, was ich wo ausdrucken muss, was ich wo nachschauen kann etc. etc. Es sind so viele Infos, ich bin noch nicht Mal im Flugzeug und kann mir jetzt schon erst die Hälfte merken. Hilfe!

Dann geht's los, der Crewbus bringt uns zu unserer Maschine. Ich staune, als ich zum Flieger hoch schaue. Obwohl ich ihn schon geflogen bin, erscheint er mir immer noch riesig. Das Gefühl, zum ersten Mal in Uniform das Cockpit zu betreten und zaghaft die ersten Handgriffe zu tätigen, ist unbeschreiblich. Es war bei mir eine Mischung von Unglaublicher Vorfreude, Respekt und ja, sogar etwas Angst. Man will ja schliesslich nichts kaputt machen! "Mein" Ausbildungscopi (AFO) gibt mir gute Tipps, doch immer noch sind die Eindrücke überwältigend. Und wir sind noch immer am Standplatz! Dann gehts endlich los. Start Engines! Kurz darauf stehen wir auf der Piste 28 und erhalten die Freigabe für den Start. "Bisch ready?" fragt mich der Captain. Wieder einmal quittiere ich mit "ready", obwohl mein Magen gerade Achterbahn fährt! V1 - Rotate! Es fliegt, auch mit Passagieren! Wenn die wüssten...

Etwa 1.5h dauert unser Flug nach Madrid, vorgekommen ist er mir wie zehn Minuten. So viele neue Eindrücke gibt es, die es im Simulator nie gab. Wie es nach dem Start nach Essen riecht, wenn die Kabine den Service vorbereitet, Turbulenzen, spanische Controller, die man teils nur schwerlich versteht, wunderschöne Aussicht... Auch meine erste Landung in Madrid vergesse ich nie, es war eine sternenklare Nacht mit der Pistenbefeuerung hell vor mir. Einfach grandios!

Zweienhalb Monate habe ich nun in der Ausbildung auf der Strecke verbracht, viel Schöbes erlebt, auch weniger schönes, aber das hat sich glücklicherweise in Grenzen gehalten. Viele tolle Leute habe ich getroffen, war 15 Mal in London Heathrow, diverse Male in Genf, noch nie in Moskau oder Paris, dafür schon in Nizza, Athen, Stockholm, Prag, Rom, Warschau, Birmingham, Madrid, Barcelona, Brüssel, Kopenhagen, Istanbul, Wien... the list goes on.

Vor etwa zwei Wochen war es dann so weit, der Final Check, meine Abschlussprüfung stand auf dem Programm. Nach Kopenhagen und Hamburg sollte ich, kurzfristig umgeplant wurde ich (5min vor dem Briefing...) nach Belgrad und Rom. Oh schreck! Doch es verlief alles bestens, trotz eines kleinen technischen Problems und viel gefragter Flexibilität. So wurde ich am Ende des Tages, 2 Jahre 9 Monate und 5 Tage nach Ausbildungsbeginn zum First Officer ernannt. Eine grosse Zeremonie gibt es nicht, allerdings gibt es immer noch ein schönes Ritual, das Übergeben der goldenen Flügel für's Jackett. So ging ich am Abend nach Hause, happy und eben auch beflügelt. Jetzt habe ich erst einmal Ferien, es sind meine ersten seit Juni letzten Jahres.


Das Objekt der Begierde!









Was wird jetzt aus diesem Blog? Schliesslich heisst er ja vom Fussgänger zum Linienpiloten, und ich bin nun endlich am Ziel angelangt. Dennoch überlege ich mir, trotzdem ab und zu einmal wieder etwas zu schreiben. Was möchtet Ihr lesen? Geschichten aus dem Alltag? Oder soll ich den Blog ruhen lassen? Ich freue mich auf eure Ideen!